Ist Deutschland ein Niedriglohnland? Vor einigen Jahren hätte man diese Frage sicherlich deutlich verneint. Doch mittlerweile arbeitet hierzulande bereits ein großer Teil der Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor. Und die Zeit der großen Tariferhöhungen ist auch schon lange vorbei. Die Folgen sind deutlich erkennbar: Das Land ist hervorragend aus der Wirtschaftskrise gekommen und steht besser als die meisten anderen europäischen Länder, wird von diesen aber für die Niedriglohnpolitik heftig kritisiert.

Diese Entwicklung belegt nun eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI). Demnach ist der Anteil der Gewinn- und Kapitaleinkommen am Volkseinkommen erneut deutlich gestiegen, während der Anteil der Lohneinkommen weiter sinkt. Damit setze sich der langjährige einseitige Verteilungstrend in Deutschland nicht nur fort, er werde durch das Sparpaket und die geplante Gesundheitsreform sogar weiter verschärft, heißt es in der Untersuchung.

Die Verfasser der Studie befürchten deshalb langfristig Belastungen für die private Konsumnachfrage und damit auch das Wirtschaftswachstum. Die Einkommen aus Kapital wachsen deutlich schneller als das Lohneinkommen. Wenn diese Ungleichheit weiter zunehme, destabilisiere das Wirtschaft und Gesellschaft, warnen die Autoren des WSI-Verteilungsberichts.

Vor diesem Hintergrund könnten Mindestlöhne helfen, die Bilanz wieder anzugleichen. Und das hätte dann auch einen positiven Effekt auf die Sozialkassen. Denn jährlich müssen hohe Milliardenbeträge aus Steuergeldern nur dafür aufgewendet werden, die Einkommen von Niedriglöhnern aufzustocken, damit diese wenigstens noch Hartz-IV-Niveau erreichen.

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